Bericht zum 3. Thurgauer Kirchensonntag vom 11. Juni: Wozu ist Kirche heute berufen?

2500 Gläubige strömten ins Festzelt in Neukirch-Egnach um miteinander Gottesdienst und Kirchengemeinschaft zu feiern. Jede der 63 Gemeinden der Evangelischen Landeskirche Thurgau entwickelte zum dritten Thurgauer Kirchensonntag im Reformationsjahr ihre These zur Zukunft der Kirche. Highlight im Kinderprogramm war der Auftritt von Andrew Bond.

 

Brunhilde Bergmann

 

Pfarrer, die am Kirchensonntag die Leiter bestiegen, wollen nicht hoch hinaus. Sie haben -in Anlehnung an Luthers Thesenanschlag- ein Pergament an die 3,20 hohe Kulisse der „Schlosskirchentüre“ angeschlagen. Zum dritten Thurgauer Kirchensonntag im Gedenkjahr „500-Jahre Reformation“ entwickelte jede der 63 Kirchgemeinden der Evangelischen Landeskirche im Thurgau ihre These zur Zukunft der Kirche. Diese wurde im Festgottesdienst, dem Herz des Kirchensonntags, angeschlagen. Für die rund 200 Kinder gab es nach dem gemeinsamen Beginn des Gottesdiensts im Festzelt eigene Kindergottesdienste in drei verschiedenen Altersgruppen. Zum Kirchensonntag kamen auch die Thurgauer Grossratspräsidentin Heidi Grau, Regierungsrat Walter Schönholzer und Nationalrat Christian Lohr.


Mündige Christen
Pfarrerin Simone Dors von der gastgebenden Kirchgemeinde Egnach und Kirchenratspräsident Wilfried Bührer teilten sich die Predigt. Die Menschen, die das Evangelium in ihrem Leben erfahren haben und auf unterschiedliche Weise weitergeben und die bunte Vielfalt im Glaubensleben, stimme sie optimistisch für die kirchliche Zukunft, bekannte Dors. „Vor 500 Jahren hat sich ein Doktor der Theologie, Martin Luther, Gedanken zur Zukunft der Kirche gemacht, heute ruft uns die Landeskirche dazu auf.“, so Dors. Auch das sei eine Auswirkung der Reformation und des von Luther vertretenen Priestertums aller Gläubigen. „Mündige Christinnen und Christen haben vielfältige Möglichkeiten, der Liebe Gottes Raum zu geben.“

Wieder Sprache für den Glauben finden
Kirchenrats-Präsident Bührer griff Dors Auslegung zur Vision Jesajas auf. „Jesaja wie Luther sahen sich berufen wachzurütteln.“ Angesichts schwindender Selbstverständlichkeiten frage er sich, ob die Kirche der Gegenwart nicht ebenfalls einer epochalen Veränderung bedürfe. Die schleichende Veränderung mache es schwierig, sich zu positionieren. „Wozu sind wir heute berufen? Vielleicht müssen wir wie Jesaja sagen ‚hier bin ich Herr, sende mich‘ und lernen, mit mehr Selbstverständlichkeit von unserem Glauben zu reden“.

Volksmusik, Klassik und Gospel
Drei völlig unterschiedliche Projektchöre haben dem Festgottesdienst eine ganz besondere Note mit viel Musik verliehen. Der Union Mass Choir aus Frauenfeld präsentierte Gospels und „Rückenwind-Lieder“ aus dem am Kirchentag veröffentlichten, Liederbuch, das die der Landeskirche herausgegeben hat (siehe Kasten). Der Kantonalchor der Thurgauer Trachtenvereinigung sang das „Gloria“ aus der Alphornmesse von Franz Schüssele und wurde von vier Alphörnern und Pauke begleitet. Der Projektchor des Verbandes der Evangelischen Kirchenchöre im Thurgau VEKT führte „Denn die Herrlichkeit Gottes des Herrn“ aus dem Messias-Oratorium von Händel auf und der Kinderliedermacher Andrew Bond animierte die Gemeinde zum Mitsingen.
Die Gottesdienstkollekte vom Kirchensonntag ist für die Pfarrausbildung am Sabah Theological Seminary in Sabah, Malaysia bestimmt.

 

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Extraausgabe des Kirchenboten

Mit Kollekte sechs Jahre Pfarrstudium finanziert

Die Kollekte, die am Thurgauer Kirchensonntag für die Pfarrausbildung in Sabah/Malaysia zusammengetragen wurde, beträgt stolze 14‘664 Franken.

Prof. Wilfred John Sundaraj, Direktor des Sabah Theological Seminary STS, kann sich freuen. Am Kirchensonntag in Egnach wurden 14‘664 Franken für die Pfarrausbildung in Sabah auf der Insel Borneo in Malaysia zusammengetragen. Sundaraj stellte am Kirchensonntag das Leben der Protestantischen Kirche in Sabah vor. Die Gottesdienste und das Gemeinschaftsleben der evangelischen Kirchen in Sabah werden von der jungen Generation frisch und lebensfroh mitgeprägt. „Wir haben viele jungen Menschen, die trotz der schwierigen Bedingungen für Christen im islamischen Umfeld bereit wären, die Pfarrausbildung anzutreten. Doch es fehlt das Geld dazu.“ Die Vollkosten für das komplette vierjährige Studium betragen knapp 10 000 Franken. Mit der Thurgauer Kollekte können knapp sechs Studienjahre finanziert werden. Neun protestantische Kirchen unterschiedlicher Prägung bilden ihre Pfarrerinnen und Pfarrer am STS aus.
95 Prozent der Bevölkerung aus dem Stamm der Rungu in Sabah sind Christen. Mit der Protestantischen Kirche in Sabah ist der Thurgau seit der missionarischen Tätigkeit des Thurgauer Ehepaars Margrit und Pfarrer Heinrich Honegger sehr verbunden.

Brunhilde Bergmann