Wander-Weg

(Ittingen - Uesslingen)

Uesslingen, paritätische Kirche

Die Uesslinger Kirche stand in enger Verbindung mit Ittingen. Sie wurde 1162 dem kurz zuvor gegründeten Augustinerstift geschenkt. Als Ittingen an die Kartäuser ging, übernahmen diese die Seelsorge in Uesslingen. Bis 1831 betrachtete sich der Prior von Ittingen als Pfarrer von Uesslingen. Seit der Reformationszeit dient die Kirche beiden Konfessionen. Die Katholiken sind seit 2012 in die Pfarrei FrauenfeldPLUS integriert. Die heutige Kirche wurde 1872 durch den Luzerner Architekten Wilhelm Keller am Platz eines abgebrochenen vorreformatorischen Baus errichtet. Farbgebung und Ausstattung wurden bei der Renovation 1988–90 unter Hermann Schmidt original beibehalten. Während die meisten Kirchen jener neubyzantinischen Stilepoche des späten 19. Jahrhunderts inzwischen umgestaltet wurden, hat sich Uesslingen in geschlossener, seltener Einheitlichkeit erhalten können. Besondere Erwähnung verdient die 1989/90 durch die Firma Orgelbau Späth errichtete Orgel. Der Prospekt (Vorderansicht) und Teile des Pfeifenbestands stammen aus dem Vorgängerinstrument, das um 1905 vom Warther Orgelbauer Gustav Stehle erbaut worden war.

Kartause Ittingen ehemelige Klosterkirche

Von 1461 bis 1848 bestand das Kloster der schweigsamen Kartäuser Mönche. In aller Stille ging jeder in seinem karg ausgestatteten Häuschen einer Arbeit oder einem Studium nach. Zu Gebet und Gottesdienst aber versammelte man sich gemeinsam in der Kirche. Hier durfte sich zum Lobe und zur Ehre Gottes alle Pracht und Schönheit entfalten, die aus dem privaten Leben verbannt war. Die Klosterkirche – um 1765 im barocken Stil umgestaltet – gleicht einem einzigen Jubelgesang, der sich steigert, je mehr man sich dem optischen und geistlichen Zentrum, dem Altar, nähert. Die Wessobrunner Stuckateure Matthias und Georg Gigl setzten scheinbar schwerelose, zartgrüne Rocaillen wie Schaumkronen auf bewegtem Wasser auf Wände und Decken. Gewaltige Decken- und Wandgemälde des Konstanzer Malers Franz Josef Hermann berichten vom Leben des heiligen Bruno, des Ordensgründers. Ist es nicht unglaublich, dass das weltberühmte, reichgeschnitzte Chorgestühl in der einfachen Tischlerwerkstatt des Chrysotimus Fröhli und seiner Söhne in Bichelsee im Hinterthurgau entstand? Als eigentliche «Bühne» für die heiligen Zeremonien zieht aber der Altar alle Blicke auf sich – noch viel eher, wenn Gottesdienst gefeiert wird. Hoch darüber umschweben Engel das «Auge Gottes». Festlich, beschwingt und fröhlich stimmt der Raum seine Besucher auch heute noch. Ein Glück, dass nach der Aufhebung des Klosters die Familie Fehr während mehr als 100 Jahren zu den Kostbarkeiten Sorge trug, so gut sie konnte, und dass seit 1977 eine Stiftung den Erhalt dieses Barockjuwels im Thurtal gewährleistet. Unter dem Namen «tecum» betreibt die Evangelische Landeskirche des Kantons Thurgau ihre Bildungsarbeit in den Räumlichkeiten der Kartause. Neben der Kirche steht ihr dabei auch der bewusst schlicht gehaltene Raum der Stille zur Verfügung.