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Auf Spurensuche nach neuen sorgenden Netzwerken

«Caring Community» weckt auch im Thurgau Interesse. In den Kirchgemeinden sind in den Besuchsdiensten Netzwerke von mitmenschlicher Sorge vorhanden. Die Fachkommission Diakonie der Evangelischen Landeskirche lud zu einem Impulsabend über «Caring community» ein und fragte wie neue «sorgende Gemeinschaften» entstehen können.

Gegen 50 Zuhörerinnen und Zuhörer begaben sich am vergangenen Donnerstagabend im evangelischen Kirchenzentrum «Viva» in Frauenfeld gemeinsam auf die Suche nach «sorgenden Gemeinschaften» - sogenannten «Caring Communities» - und sie wurden fündig: Zum Beispiel in Besuchsdiensten und anderen gelebten Formen des zivilgesellschaftlichen Engagements in Kirche und Gesellschaft.

«Caring Communities» sind in aller Munde
Mit Eva Niedermann, Fachmitarbeiterin Alter und Generationen, der Reformierten Kirche Kanton Zürich, hatte die Fachkommission Diakone der evangelischen Thurgauer Kirche die richtige Person eingeladen. Sie machte deutlich, warum die «Caring Communities» in aller Munde sind und warum die Kirchgemeinden gute Voraussetzungen mitbringen, einen Beitrag zu leisten, dass in der Gesellschaft eine neue «Ethik der Achtsamkeit» entstehen, aufleben und wachsen kann.

Besucher zur Spurensuche aktiviert
Die interessierten Besucherinnen und Besucher waren – an Tischen sitzend, die sie zu Gesprächsgruppen machten – gefordert, gleich selbst nach den Spuren von sorgenden Gemeinschaften und Netzwerken zu suchen. Am Ende der Veranstaltung hatten alle Hinweise, wo in den Thurgauer Kirchgemeinden und darüber hinaus in den Familien, in der Nachbarschaft, in den Quartieren und in den Dörfern und Städten bereits Netzwerke bestehen, in denen Freiwillige sich zum Beispiel in einem Besuchsdienst engagieren.
Eva Niedermann verstand es ausgezeichnet, den Gesprächsrunden an den Tischen auf der Spurensuche zu helfen. Ein älterer Teilnehmer erkannte im Kirchenchor ein Netzwerk der mitmenschlichen gegenseitigen Sorge und Achtsamkeit. Andere berichteten von ihren Erfahrungen mit Besuchsdiensten, die zum Teil zusammen mit den Katholiken und der politischen Gemeinde oder mit der Spitex, mit Pro Senectute oder mit Frauenvereinen getragen werden.

Das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter
Zunächst hatte die Spurensuche damit begonnen, dass die Besucherinnen und Besucher von Eva Niedermann und von Kirchenmusiker Jochen Kaiser durch das biblische Gleichnis vom Barmherzigen Samariter geführt wurden. Die Gedankenanstösse wurden durch Musik und durch bekannte und vertraute Kirchenlieder wie etwa «Wer nur den lieben Gott lässt walten» unterstützt. In ihrer Einführung in die Gedankenwelt der «sorgenden Gemeinschaften» machte Eva Niedermann deutlich, dass die Beziehung zwischen sorgenden und umsorgten Menschen nicht eindimensional bleibt: «Jemand der Sorge und Zuwendung nötig hat, kann immer auch selber Sorge geben.»

Freiwillige Helferin: «Ich bekomme viel zurück»
In der Austauschrunde über bereits bestehende Sorgenetze wurde die Referentin von einer Jungseniorin bestätigt, die sich als Freiwillige im Besuchsdienst engagiert: «Ich bekomme viel zurück – zum Beispiel Dankbarkeit und ich habe von den umsorgten alten Menschen viel für meinen eigenen Umgang mit dem Alter gelernt.»
Aus ihrem Erfahrungsschatz wusste Eva Niedermann ein Beispiel zu erzählen, wie aus einen umsorgten Menschen eine Sorgende wurde: Eine alte, hilfsbedürftige Frau habe ihre Helferin gefragt, ob sie nicht eine Aufgabe für sie wüsste und dabei eine überraschende Antwort erhalten: «Er wäre gut, wenn Du für mich beten würdest, meine Grossmutter hat das immer gemacht.»

Es braucht einen Auslöser
Neue «sorgende Gemeinschaften» entstünden aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre immer durch einen bestimmten Auslöser, der Menschen veranlasse selbst tätig zu werden. Auch für die kirchliche Arbeit könnte es wichtig sein, solche Auslöser aufzunehmen und Menschen, die sich um andere sorgen wollten, ein Gefäss anzubieten. Als interessantes Detail erwähnte Eva Niedermann in diesem Zusammenhang, dass sich die frisch pensionierten Männer in den letzten Jahren statistisch als die wichtigste Altersgruppe herausgestellt haben, die sich für zivilgesellschaftliche und freiwillige Aufgaben engagieren liessen.

Grosser Andrang bei «Letzte-Hilfe-Kursen»
Einen «unglaublichen Andrang» hätten in der Zürcher Landeskirche die seit einigen Jahren angebotenen «Letzte-Hilfe-Kurse» erlebt. Die «Umsorge» von und für Menschen am Lebensende sei offenbar ein brennendes Thema. Offensichtlich bestehe bei den Menschen ein Bedürfnis, über die letzten Dinge im Leben zu sprechen. Das Angebot «Letzte-Hilfe-Kurs» werde sowohl von mit der Kirche eng verbundenen Menschen als auch von Kirchendistanzierten besucht. Eva Niedermann zieht daraus den Schluss: «Man traut uns als Kirche zu, dass wir zum Umgang mit dem letzten Lebensabschnitt etwas zu sagen haben.»

Ernst Ritzi

Als Gastgeber vom Impulsabend Diakonie konnte Kirchenratspräsident Pfarrer Wilfried Bührer (links) Eva Niedermann (rechts) und Jochen Kaiser (Mitte) begrüssen. Mit Informationen, Musik und Gesang führten sie zur Spurensuche nach «sorgenden Gemeinschaften» .

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