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Sensibilität für Nähe und Distanz

Die Evangelische Landeskirche des Kantons Thurgau setzt ihr Konzept zum Schutz vor Grenzverletzungen in der kirchlichen Arbeit um. Die Anlaufstelle sexuelle Grenzverletzungen ist seit Anfang Juni zweifach besetzt, die Arbeit wird im kürzlich veröffentlichten Video vorgestellt. Das Hauptaugenmerk des Schutzkonzepts richtet sich auf Präventionsmassnahmen.

Die Evangelische Landeskirche des Kantons Thurgau nimmt die Würde und Integrität aller Menschen ernst. Sie hat ein Schutzkonzept erarbeitet, um diesen Schutz für alle zu gewährleisten, die sich kirchlichen Mitarbeitenden anvertrauen, von kirchlichen Institutionen angestellt sind oder innerhalb der Kirche freiwillige Arbeit leisten. Das Konzept «Achtsam Kirche sein mit Leib und Seele - Schutz vor Grenzverletzungen in der kirchlichen Arbeit» dient der Kirche als Grundlage für ein Arbeitsklima, das geprägt ist von Vertrauen und Wertschätzung. Niemand soll im Regen stehen. Visuell symbolisiert dies ein geöffneter signalroter Schirm, der sich einheitlich durch Leitfaden, Flyer und Website zieht.

Abhängigkeitsverhältnis und achtsamer Umgang
In der kirchlichen Arbeit begegnen sich Menschen auf vielfältige Art und Weise. Dass Beziehungen immer auch eine Frage von Nähe und Distanz sind, gilt sowohl im beruflichen Umfeld wie in der Behörden- und Freiwilligenarbeit. Nicht nur der Umgang mit Kindern und Jugendlichen erfordert hohe Sensibilität für Grenzen und Grenzverletzungen. Aufgrund von Rollen und Verantwortlichkeiten bedarf es generell einer erhöhten Achtsamkeit in der Begegnung und Beziehung untereinander. «Unsere Landeskirche duldet keinerlei Formen von grenzverletzendem Verhalten, sexueller Belästigung und sexueller Ausbeutung in der Beziehungsgestaltung. Kinder, Jugendliche und Erwachsene sollen sich in einem sicheren, respekt- und liebevollen kirchlichen Umfeld bewegen können.», sagt Kirchenrätin Ruth Pfister.

Auch Kirchgemeinden werden verpflichtet
Das Schutzkonzept basiert auf den vier Säulen Aufklärung, Selbstverpflichtung, Kontrolle und Anlaufstelle. Weil nicht nur gezielt geplantes Vorgehen, sondern auch ungewolltes oder aus Gleichgültigkeit begangenes Verhalten die körperliche und psychische Integrität des Gegenübers verletzen kann, bedarf es primär der Aufklärungsarbeit. Deshalb verpflichtet die Landeskirche alle Mitarbeitenden zu Informations- und Präventionsschulungen und gibt Flyer ab. Bedienstete, Ehrenamtliche und freiwillig Mitarbeitende haben eine Selbstverpflichtung zu unterzeichnen. Der Verhaltenskodex beinhaltet auch, dass sie die von der Landeskirche vertretenen Werte mittragen. Pfarrpersonen, Mitarbeitende im Jugend- und diakonischen Bereich sowie katechetisches Personal haben inskünftig einen Sonderprivatauszug vorzulegen, der Auskunft gibt über ein eventuell verhängtes Beschäftigungsverbot mit Minderjährigen oder mit besonders schutzwürdigen Personen. Der Kirchenrat kontrolliert die Einhaltung der Massnahmen und unterzieht sie einer periodischen Überprüfung. Auch die Kirchgemeinden werden verpflichtet. Die Verantwortung liegt beim Präsidium der Kirchenvorsteherschaft.

Anlaufstelle für Grenzverletzungen
Im kirchlichen Umfeld sind alle aufgefordert, persönliche Grenzen zu respektieren, die richtige Form von Nähe und Distanz zu suchen und sich gegen Grenzüberschreitungen zu wehren. Wenn trotz dieser Präventionsmassnahmen Betroffene oder Drittpersonen Verdacht auf Grenzüberschreitungen hegen, können sie sich an die neugeschaffene interne Anlaufstelle sexuelle Grenzverletzungen wenden. Für die professionelle Fallbearbeitung und Begleitung hat der Kirchenrat eine Frau und einen Mann betraut, sie unterstehen der Schweigepflicht. Monica Kunz, verheiratet, drei Kinder, Pädagogin, Supervisorin, Coach, Mediation BSO, ehemalige Leiterin Fachstelle Häusliche Gewalt und Fachstelle PräVita und Thomas Alder, verheiratet, vier Kinder, Diakon Supervor, Coach, Mediator BSO, haben ihre Stelle am 1. Juni 2021 angetreten. Monica Kunz und Thomas Alder sind vernetzt mit ausserkirchlichen Fachstellen wie der Opferhilfe. Sie weisen bei Bedarf nach Rücksprache auch Fälle zu, wobei sie die Beteiligten bis zum Abschluss des Vorfalls begleiten und unterstützen. In Kontakt mit der Anlaufstelle kommt man über beraterin.grenzverletzungen@evang-tg.ch oder berater.grenzverletzungen@evang-tg.ch

Video veröffentlicht
Die Landeskirche hat ein dreiminütiges Video produziert. Darin stellt sie die zugrunde liegenden Beweggründe für das Schutzkonzept, die Tätigkeit der Anlaufstelle und die Umsetzung auf Gemeindeebene näher vor. Zu Wort kommen Kirchenrätin Ruth Pfister, Monica Kunz und Thomas Alder von der Beratungsstelle sowie Esther Gredig vom Vorstand des Verbandes der Kirchen-präsidentinnen und –präsidenten der Evangelischen Landeskirche des Kantons Thurgau VKPEL. Das Video „Schutzkonzept sexuelle Grenzverletzungen: Sensibilität für Nähe und Distanz“ wurde vor kurzem veröffentlicht und kann heruntergeladen werden unter https://youtu.be/mVnaGnXgk_o.

Brunhilde Bergmann

Weitere Informationen

Bilder: Screenshots aus dem Video „Schutzkonzept sexuelle Grenzverletzungen: Sensibilität für Nähe und Distanz“

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