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Umdenken für den Frieden

Unter dem Motto „von der Kriegslogik zu einer Friedenskultur – unser Weg“ fanden sich am Ostermontag gegen 800 Menschen zum 9. Internationalen Bodensee-Friedensweg zusammen. Rund 250 von ihnen kamen gemeinsam mit der Fähre ab Romanshorn nach Friedenshafen. Viele setzen sich aus christlicher Motivation für ein Umdenken ein. Was die Friedensbewegung immer wieder stärkt, sind auch persönlichen Begegnungen.

Der Kapitän schätzt die Passagierzahl der 10:36 Uhr Fähre ab Romanshorn auf 250. Mit dabei ist auch Walter Keller aus dem thurgauischen Herrenhof. Seit Jahren beteiligt er sich am internationalen Bodensee-Friedensweg. Dieser findet jeweils am Ostermontag abwechselnd in Deutschland, Österreich oder der Schweiz statt, dieses Jahr in Friedrichshafen. „Die von Jesus vorgelebte Nächstenliebe kann in der aktiven Friedensarbeit ganz konkret umgesetzt werden. Die Aufklärungsarbeit dafür kann nie gross genug sein!“ betont er.

Technisches Know-how in zivile Zwecke einbringen
Esther Rigling-Bilgeri, Romanshorn, nimmt zum zweiten Mal teil. Sie und wünscht sich eine Bodenseeregion als internationale Friedensregion: „Ich bin schockiert, wieviel Rüstungsbetriebe wir am Bodensee haben. Eine Menschenkette rund um den See wäre ein starkes Zeichen gegen die intensive Produktion von Kriegsmaterial hier bei uns.“ Doch sie will sich nicht mit Wünschen zufrieden geben. Ihr Friedensverständnis umfasst auch die Bewahrung der Schöpfung. Deshalb engagiert sie sich in der Ökogruppe ihrer Kirchgemeinde. Christa Callsen aus Winterthur ist ein Kriegskind: „Selbst wenn die Schweiz nicht direkt an Kriegshandlungen beteiligt ist, will ich alles dransetzen, dass unser Land sich nicht mit Kriegsmaterial bereichert. Man weiss, was mit Waffen angerichtet wird.“, begründet sie ihre Motivation. Gewerkschafterin Anne Rieger spricht über Rüstungskonversion. Sie nennt Beispiele von gelungener Arbeitsplatzsicherung durch Umstellen von Rüstungsproduktion auf Produkte für den zivilen Markt.

Gegenseitige Bestärkung
Bei der Ansprache ruht sich eine Mitdemonstrantin auf dem Rollator aus. Für sie sind die Wegstrecken zwischen den einzelnen Stationen eine Herausforderung. Rigling-Bilgeri nimmt Kontakt auf. Die 87-Jährige berichtet von den Bombenangriffen in ihrer Heimatstadt Friedrichshafen. Der Demonstrationszug führt zum Endrass-Platz, dort wo die Seniorin aufgewachsen ist. Sie erzählt der Romanshornerin vom Schicksal ihres -stets so freundlichen und bescheidenen- Nachbarn Friedolin Endrass. Der Eisenbahngewerkschafter musste 1944 seinen Widerstand gegen das Nazi-Regime mit dem Leben in der Hinrichtungsstätte Plötzensee bezahlen. Diese Geschichte wird um eine weitere, persönliche Gegenwarts-Erfahrung bereichert: „Freiheit für politische Gefangene“ steht auf dem Leibtransparent eines anerkannten Asylanten aus Sri Lanka, der jetzt in Frauenfeld lebt. Er hört den beiden Frauen zu und berichtet vom eigenen Gefängnisaufenthalt ohne Anklage und vom aktuellen Schicksal vieler seiner Leidensgenossen. Diese persönlichen Begegnungen beim Friedensweg sind das, was die Friedensbewegung immer wieder stärkt, sind sie sich einig.

Gegen Spaltkeil in der Bevölkerung
Dem pensionierten Pfarrer Schüle aus Steckborn, liegen Friedensarbeit und Friedenspolitik im Herzen seiner Jesus-Nachfolge. Er wirkte 25 Jahre in Sirnach und ist deshalb vor allem auf das das Referat von Nationalrätin Claudia Friedl über die Solidarität mit den Menschen in der Osttürkei gespannt. „Die süd-östlichste Stadt in der Türkei Sirnak -nur 1 Buchstabe weg von Sirnach- wurde fast vollständig zerstört im Krieg, den Erdogan losgetreten hat um dort wieder zur absoluten Mehrheit zu kommen. Die Solidarität von Sirnach zu Sirnak soll endlich zum Tragen kommen.“, so sein Anliegen. Die St, Galler Parlamentarierin berichtet von ihrem Besuch in der Stadt Diyarbakir/Osttürkei und den Repressionen gegen die Opposition: „Aber wir lassen keine Spaltung der türkischen Bevölkerung zu, hier bei uns nicht und in der Türkei.“

Brunhilde Bergmann

Die 750 Teilnehmende machten sich am Ostermontag auf den Weg von der Kriegslogik zu einer Friedenskultur.

Vom Säugling bis ins hohe Alter nahmen Menschen am Bodensee-Friedensweg teil.

UNO-Korrespondent und Hauptredner Andreas Zumach (gelbe Jacke) aus Genf im Gespräch vor der Nikolauskirche: „Papst Franziskus bezeichnete die Rüstung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ich verstehe nicht, warum wir hier mit unseren Anliegen im Regen stehen und uns die Kirchentür verschlossen bleibt.“

Die St. Galler Nationalrätin Claudia Friedl im Gemeindezentrum St. Nikolaus: „Damit der eigene Staat seine Geldpolitik so betreibt, dass sie möglichst wenig Konflikte auslöst, braucht es die starke Präsenz der Friedensbewegung.“

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