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Seelsorge im Hier und Jetzt

An der 5. Interdisziplinären Fachtagung in Palliative und Dementia Care am 24. Februar 2024 in der Kartause Ittingen werden die Frauenfelder Pfarrerin Esther Walch Schindler und Spitalseelsorger Alex Hutter zur Seelsorge bei Menschen mit Demenz einen Workshop leiten.

 

Sorgende Gemeinschaft sein – Demenz geht uns alle an! So lautet der Titel der Fachtagung in Palliative und Dementia Care im Februar in der Kartause Ittingen. Das Fortbildungsangebot mit Vorträgen und Workshops ist für Fachpersonen und Freiwillige gedacht, die sich für chronisch- und schwerkranke Menschen interessieren. Einige der Workshopleitenden sind im Thurgau tätig, wie Esther Walch Schindler, Pfarrerin in den Alters-und Pflegezentren Park, Tertianum Friedau und der Alterssiedlung Reutenen, und Alex Hutter, katholischer Spitalseelsorger in Frauenfeld.

Urängste mildern
Beide Workshopleitenden haben langjährige Erfahrungen mit Menschen mit Demenz. Dennoch empfinden beide den Zugang zu jenen Menschen als unterschiedlich einfach. Alex Hutter sagt: «In meiner Familie war irgendwann Demenz ein Thema, davor hatte ich wenig Erfahrung damit. Inzwischen gehe ich gerne auf Menschen in der Demenzabteilung im Spital zu. Ist jemand aggressiv, so hat dies meist mit der Orientierungslosigkeit, dem Gefühl, eingeengt zu sein, zu tun. In solchen Situationen laufe ich mit der Person herum, rede und höre zu. Das entlastet auch das Personal.» Bei Esther Walch Schindler macht sich etwas Berührungsangst bemerkbar. «Ich muss mich darauf einstellen und ruhig zu den Menschen gehen. Nichts kann im Voraus geplant werden», so Walch Schindler. Diese Menschen stellten sich existenzielle Fragen: Wer und was bin ich noch? Bin ich ganz allein? Das sei genau der Moment, in dem Seelsorge helfen kann, die Urängste zu mildern, sind sich beide einig.

Musik und Beten
Esther Walch Schindler hat in ihren Begegnungen gute Erfahrungen mit Musik gemacht. Früher habe man beim Abwaschen zusammen gesungen. Viele ältere Demenzerkrankte können Lieder auswendig mitsingen oder den Psalm 23 (Der Herr ist mein Hirte) aufsagen. Alex Hutter betet oft den Rosenkranz mit oder besorgt Weihwasser. «Gebete wie das Vater unser/unser Vater sind ganz tief verankert», sagt Hutter. Walch Schindler bezweifelt, dass die heutige junge Generation ähnliche gemeinsame Rituale kennt und pflegt. Aber Demenz kann jeden und jede treffen, manchmal auch schon ab 50 Jahren. Es gibt verschiedene Erkrankungen. Altersvergesslichkeit kann durch Mangelernährung ausgelöst werden. Ob und um welche Art von Demenz es sich handelt, muss unbedingt ärztlich abgeklärt werden. Oft nimmt die Umgebung die Veränderung zuerst kaum wahr, sondern erst wenn der betroffene Mensch sich zurückzieht, verängstigt und orientierungslos wirkt. Abklärung, Beratung und Unterstützung für die betroffene Person wie auch für die Angehörigen sollten unbedingt angenommen werden, so Hutter. Mittlerweile gibt es Angebote wie Tageskliniken und weitere Institutionen, die Angehörige entlasten.

Traurige und heitere Momente
Wichtig für den Umgang mit demenzerkrankten Menschen ist das Wissen: Man ist im Hier und Jetzt. Daraus entstehen teils traurige, aber auch teils heitere Momente. Wenn etwas beispielsweise vermisst wird, kann man mitsuchen und herausfinden, was der Gegenstand bedeutet. Oder wenn ein Patient sich in einem 5-Sterne Hotel wähnt, statt in einem Spital, lässt man ihn gern in diesem Glauben. Schwere Momente gibt es, wenn etwa eine Pflegefachfrau eine beginnende Demenz feststellt und genau weiss, was auf sie zukommt. Lachen und Weinen – das liege beim Umgang mit demenzerkrankten Menschen nahe beieinander, so Hutter.

Claudia Koch

Bei der Seelsorge bei Menschen mit Demenz geht es darum, Urängste zu mildern.Bild: iStock FredFroese

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