Segnen

Segnen heisst, jemanden oder etwas einer positiven Machtsphäre anvertrauen. Wer oder was unter dem Segen steht, wächst und gedeiht. Dabei kann es sich um Menschen und ihre Beziehungen, um Tiere, Pflanzen, Gebäude usw. handeln: der zugesprochene Segen soll dem Gesegneten einen glückhaften und sinnvollen Weg bahnen.

Der Segen spielt in der Bibel eine zentrale Rolle. Gott segnet den siebten Schöpfungstag, denn da ruhte er von all seinen Werken (1. Mose 2. 2 – 3). Gott segnet Abraham und verheisst ihm: Du sollst ein Segen sein für alle Sippen der Erde. (1. Mose 12. 2 – 3) Im Neuen Testament wird diese Verheissung erfüllt: durch Christus kommt der Segen Abrahams auf alle Völker. (Galater 3. 14)

Nach jedem Gottesdienst kehren die Menschen zurück in das Leben und ihre Verantwortung. Der Segen Gottes soll ihnen dazu die Kraft geben. Häufig gebraucht der Leiter / die Leiterin des Gottesdienstes jene Worte, mit denen bereits die Priester Israels das Volk segneten: Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht zu dir und gebe dir Frieden. (4. Mose 6. 24 – 26)

Segnen kommt vom lateinischen Wort signare: mit einem Zeichen versehen. Dieses Zeichen kann auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck kommen: Handauflegung, Segensgeste, Ausbreiten der Hände, Kreuzzeichen, Salbung. Jeder Mensch ist berufen, Segen zu empfangen und Segen weiterzugeben. Das Segnen ist nicht an ein bestimmtes Amt gebunden.

Der Blick in die hebräische Bibel zeigt, dass nicht nur Gott den Menschen segnet oder Menschen untereinander Segen spenden, sondern dass auch der Mensch Gott „segnen“ kann, wie beispielsweise in Psalm 103: „Lobe (wörtlich „segne“) den Herrn, meine Seele“. Segnen meint hier den lobpreisenden Dank. Nach reichen Segenserfahrungen preist der Beter den Geber aller Gaben. Indem er Gott so „segnet“, kehrt der Segen zum Urheber allen Segens zurück.

Manchmal gibt es Eltern, die möchten ihre Kinder nicht taufen lassen, weil diese sich später einmal selber für den Weg mit Christus entscheiden sollen. Dennoch möchten sie ihre Kinder in die Kirche bringen und segnen lassen. Offenbar steckt tief im Menschen eine Sehnsucht, gesegnet und so einer positiven Machtsphäre anvertraut zu werden.

Wo die Segnungsfeier die Tauffeier ersetzt, müssen wir darauf achten, dass der Unterschied zur Taufe klar ist. Getauft werden kann man nur einmal, eine Segnung aber ist wiederholt möglich. Auch bei Konfirmations- und Hochzeitsfeiern spielt der Segen eine wichtige Rolle.

Fragt man Hochzeitspaare, warum sie kirchlich heiraten wollen, antworten sie nicht selten, da gehe es um etwas ganz Anderes als bei der zivilen Heirat. Mit dem ganz Anderen dürfte eben, neben vielem anderem, jene positive Machtsphäre des Segens gemeint sein. Ähnliche Auffassungen äussern gelegentlich Konfirmandinnen und Konfirmanden, wenn wir nach ihren Motiven für die Konfirmation fragen. Gesegnet zu werden, ist offenbar ein Grundbedürfnis des Menschen, gleichgültig, wie klar oder diffus sein Glaubensbekenntnis im Übrigen sonst ist…

Gottesdienstliche Segensfeiern wünschen manchmal auch Ehepaare zur Goldenen oder Diamantenen Hochzeit. Viele Menschen können Übergangs- und Krisenzeiten besser durchstehen, wenn sie des Segens Gottes gewiss sind. So ist es sinnvoll, Kranke und Sterbende zu segnen. Natürlich sollen wir behutsam prüfen, ob diese das Ritual verstehen und offen sind für die Segnung.