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Gabe der Unterscheidung der Geister

Pfingsten, das "Fest des Heiligen Geistes", gilt als Geburtsstunde von Kirche. An Pfingsten empfangen die Nachfolgerinnen und Nachfolger Christi den Heiligen Geist. Begeistert sind sie Feuer und Flamme für die Verbreitung der guten Nachricht. Doch nicht jede verbreitete Nachricht ist gut. Pfarrer Ernst Gysel aus Frauenfeld geht der Frage der Geisterunterscheidung nach.

Seit dem Präsidentenwahlkampf in den USA im Herbst 2016 werden in sozialen Medien und Netzwerken vermehrt absichtlich Falschmeldungen verbreitet, so genannte Fake News, durch die Journalisten zu falscher Berichterstattung verleitet werden sollen. Journalisten brauchen darum einen wachen, kritischen Geist und ein Gespür, um richtige und falsche Nachrichten unterscheiden zu können. Genauso wichtig ist es für Christen, dass sie im geistlichen Bereich Gutes und Böses, Wahrheit und Lüge, Echtes und Unechtes voneinander unterscheiden können. Hebräer 5,14 spricht von Christen, „die geschärfte Sinne haben zur Unterscheidung von Gut und Böse“. Die Christen in Beröa werden gelobt, weil sie die Lehre der Apostel anhand der Schriften prüften (Apg. 17,11) und in 1. Joh. 4,1 werden die Christen ermahnt: „Ihr Lieben, schenkt nicht jedem Geist Glauben, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind.“

Gemäss dem Neuen Testament gibt der auferstandene Christus darüber hinaus einzelnen Christen die Gabe der Geisterunterscheidung. In 1. Kor. 12, 8 - 11 schreibt Paulus: „Dem einen nämlich wird durch den Geist die Weisheitsrede gegeben, …einem anderen das Wirken von Wunderkräften, wieder einem anderen prophetische Rede und noch einem anderen die Unterscheidung der Geister.“ Das griechische Wort, das hier mit „Geist“ übersetzt ist, heisst „pneuma“. „Pneuma“ heisst übersetzt „Luftstrom, Atem“. Es wird verwendet für den Geist Gottes, den Geist Christi, aber auch für Geistwesen wie Engel und Dämonen. In Hebräer 1, 13- 14 bezieht sich das Wort auf Engel, die dort „dienstbare Geister“ genannt werden. Die Geistesgabe der Unterscheidung ist die Fähigkeit, göttliche, menschliche oder widergöttliche Mächte zu unterscheiden oder zu erkennen. Christen, deren geistliche Augen aktiviert sind und die in der Gabe der Unterscheidung der Geister wirken, nehmen bisweilen auch Engel oder Dämonen wahr. Die Gabe der Geisterunterscheidung wird oft in Kombination mit anderen Gaben gebraucht, zum Beispiel mit der Gabe der Weisheitsrede oder der Gabe der Heilung. Gott gibt diese Gabe, um seine Gemeinde zu fördern und um einzelnen Menschen zu helfen. Sie ist uns als Werkzeug gegeben, nicht aber als Mittel für Leute, die sich profilieren und von anderen abheben wollen.  

In der Bibel finden wir viele Beispiele, die uns zeigen wie die Gabe der Geisterunterscheidung eingesetzt wurde. In der Zeit des Alten Testaments war die Gabe der Geisterunterscheidung nötig, um wahre und falsche Propheten zu erkennen. So sagt Jeremia in Jer. 5, 31: „Verlogen haben die Propheten geweissagt.“ In Klagelieder 2, 14 steht: „Deine Propheten haben für dich Lüge und Täuschung geschaut. Deine Schuld aber haben sie nicht aufgedeckt, sodass sie dein Geschick hätten wenden können. Sie schauten für dich Aussprüche, die verlogen waren und zur Verstossung führten.“

Jesus unterscheidet die Geister, indem er fromm klingende Aussagen wie „Du bist der Heilige Gottes“ als dämonisch inspiriert entlarvt. Er lässt sich nach Matthäus 16 auch nicht täuschen durch Petrus, der Jesus nach seiner Leidensankündigung davon abhalten will, nach Jerusalem zu gehen und sich dort töten zu lassen. Er sagt zu Petrus: „Nicht Göttliches, sondern Menschliches hast du im Sinn.“ – In der ersten Gemeinde, die nach Ostern entstanden ist, wirken einige Jünger in der Gabe der Geisterunterscheidung. Petrus durchschaut mit dieser Gabe das heuchlerische Tun von Ananias und Saphira (Apg. 5, 3) und die Bosheit des Magiers Simon (Apg. 8, 20). Paulus erkennt hinter den frommen – sachlich richtigen – Worten der Wahrsagerin in Philippi einen widergöttlichen Geist. Er befreit diese Frau darauf hin von diesem Geist (Apg. 16, 17-18).

Auch in der Kirchengeschichte gab es immer wieder Männer und Frauen, welche die Gabe der Geisterunterscheidung hatten und als geistliche Wächter in der Kirche wirkten. Im Nazi-Deutschland waren es vor allem Christen der Bekennenden Kirche, die erkannten, dass im Nationalsozialismus ein dämonischer Geist am Werk war. In der Erklärung von Barmen hat die Bekennende Kirche im Jahre 1934 in klaren Worten für ein am Wort Gottes orientiertes Bekenntnis und gegen die Ideologie der „Deutschen Christen“ Stellung bezogen. Auch in unserer Zeit gibt es geistige Strömungen und Lehren, welche die Kirche Christi schwächen und auf Abwege lenken. Die Kirche tut darum gut daran, wachsam zu sein und um den Heiligen Geist und seine Gaben zu bitten. Er leitet uns in die ganze Wahrheit und befähigt uns, in einer von Gott entfremdeten Welt Zeugen seiner Liebe und seiner befreienden Wahrheit zu sein.               

Pfarrer Ernst Gysel, Frauenfeld

Die fliegende Taube zählt zu den bekanntesten Pfingstsymbolen. Bild:sokaeiko-pixelio.de

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