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Gott schenkt Veränderung

„Lobt Gott, ihr Christen alle gleich“ beginnt das vertraute Weihnachtslied von Nikolaus Herman. Das Lied regte Pfarrerin Judith Engeler an, über den Sinn der weihnachtlichen Bescherung nachzudenken.

Die Evangelische Landeskirche wünscht Ihnen berührende Weihnachten und Mut machende Kraft, Beziehungen zu pflegen und zu erneuern. Auch im Neuen Jahr.

Brunhilde Bergmann

Judith Engeler
Weihnachten und Geschenke – das gehört untrennbar zusammen. Zur Freude der Kinder, zum Leidwesen vieler Erwachsener, die sich überfordert fühlen und die ganze Schenkerei an Weihnachten am liebsten abschaffen würden. Aber Geschenke gehören nun mal zur weihnachtlichen Tradition wie Christbäume, Grosseinkäufe und übervolle Bäuche. Auch darüber kann man hadern. Muss man aber nicht.
Wer für einmal über den Sinn (und nicht den Unsinn) der weihnachtlichen Bescherung nachdenkt, kommt vielleicht wie ich zum folgenden Schluss: Geschenke sind eine Möglichkeit, Verwandten und Freunden zu zeigen, wie wichtig sie uns sind. Wo Worte fehlen, kann es mit einem Geschenk gelingen, Liebe und Verbundenheit zu bezeugen. Im Idealfall wird so einer Beziehung nochmals neu, auf eine andere Art und Weise Ausdruck verliehen; Gefühle für das Gegenüber offenbart. Dabei spielt der Beschenkte eine ebenso grosse Rolle wie die Schenkerin: Je nachdem, wie er das Geschenk annimmt, zeigt er, dass er die Gefühle der Schenkenden versteht, ja sogar teilt. So kann ich mich auch über die zu kleinen Wollsocken der Grosstante freuen, weil ich weiss, mit welcher Inbrunst diese gestrickt wurden.
Auch um ein Geschenk, allerdings kein menschliches, sondern ein göttliches, geht es im oben genannten Lied. Gott schenkt uns allen seinen Sohn. Das mag jetzt rein äusserlich ein wenig attraktives Geschenk sein; es ist ja bloss ein nacktes Kind in einer Futterkrippe. Da sind wir anderes gewohnt. Dazu kommt noch, dass dieses Geschenk mit Folgekosten verbunden ist. Solche Gaben sind ja oft gerade bei Eltern besonders beliebt, vor allem dann, wenn z.B. gutmeinende Verwandte das Kind mit einem Haustier beglücken… Aber dieses Beispiel illustriert ganz gut, was ein besonderes Geschenk eben auch noch beinhaltet: Veränderung. Es ist ein anderes Leben mit Haustier als ohne.
Und genau das bedeutet eben auch die Menschwerdung Gottes. Eine Veränderung. Ein Neuanfang, ein radikaler noch dazu. Alles ist anders als zuvor. Nichts muss so bleiben, wie es ist. Herrschaftsverhältnisse können umgekehrt, eingefahrene Verhaltensmuster überwunden werden. Nicht mehr Hass, sondern Liebe hat das letzte Wort. Dieses nackte Kind, dieses Geschenk, symbolisiert wie nichts anderes diesen Neubeginn. Was beabsichtigt Gott mit diesem Geschenk? Hier unterscheidet sich göttliches und menschliches nicht allzu sehr. Gott stiftet Beziehung, verleiht seinen Gefühlen uns Menschen gegenüber Ausdruck. Ein Teil von ihm, seinen Sohn, gibt er ohne zu Zögern in unsere Obhut. Er vertraut der Welt ein kleines, verletzliches Kind an und gibt ihr damit die Chance für einen neuen Anfang. Doch dieser Neubeginn ist zerbrechlich, genau so wie dieses Kind. Es kommt darauf an, wie wir das Geschenk annehmen. Ob wir es zur Kenntnis nehmen, aber nachher in der Schublade verschwinden lassen und ihm keinen Raum geben. Oder ob wir uns ehrlich freuen, das Geschenk auch als Erneuerung unserer Beziehung zum Schenker verstehen und uns dadurch berühren, ja verändern lassen.
Weihnachten und Geschenke – das gehört untrennbar zusammen, schon vom ersten Weihnachtsfest an! Gerade von dieser Tradition kann revolutionäre Kraft ausgehen. Ich wünsche uns allen, dass wir uns nicht davor fürchten, verändert zu werden. So spricht der Engel auf dem Feld eigentlich zu den Hirten, aber auch direkt in unsere Zeit: „Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkündige euch grosse Freude.“

Pfarrerin Judith Engeler, kommt aus Amriswil und doktoriert am Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte in Zürich.

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