Es sind grosse Fragen in Zeiten von «Friedensvisionen und realpolitischen Umbrüchen», denen sich die evangelischen Theologinnen und Theologen am Freitag in Romanshorn stellten. Eingeladen hatte die gleichnamige Bodenseekonferenz, die Dekan Arno Stöckle und Pfarrer Thomas Bachofner aus dem Thurgau mitorganisiert haben. «Mit verschiedenen Schritten auf mehreren Ebenen kann es den Kirchen gelingen, Menschen in diesen Zeiten zu begleiten. Ihre Glaubwürdigkeit dazu schöpfen die Kirchen nach wie vor aus der Gemeinschaft im Gottesdienst und dem Dienst für den Menschen. Gefragt ist regionale Arbeit in versöhnender Verschiedenheit» sagte die Referentin Elisabeth Parmentier. Um Feindbilder aufzulösen, braucht es historisch-kritische Arbeit, die Theologie und Kirche leisten können.
Versöhnung trotz Angst möglich
Dabei können Kirchen nicht als tugendhafte Besserwisserinnen, sondern als «Laboratorien der Versöhnung» handeln und zeigen, dass Versöhnung, Verbundenheit und Verbindlichkeit trotz aller Angst möglich sind: «Gleichzeitig sind wir gefordert, schwer vermittelbare Begriffe wie Gnade, Sünde und Gericht zu klären. Und christologisch selbstbewusst aufzutreten, will heissen: Gottes Barmherzigkeit ist gegenwärtig und Jesus ist mehr als ein ethisches Modell. Und aus meiner Sicht brauchen die Menschen ein Recht auf Transzendenz, sozusagen einen Ausblick auf den Himmel», sagte Elisabeth Parmentier. Die Theologie habe eine Rolle zu spielen, hinsichtlich von Spiritualität, mit einem Sinn für die Komplexität des Realen und für das grosse Geheimnis der Welt.
Kirchen geniessen hohe Glaubwürdigkeit
Die Rollen der Kirchen sind erstens vielfältig und zweitens oft sehr konkret. Die Ethnologin und Politologin Rahel Hürzeler sprach als Fachperson für Konflikttransformation über die Friedensarbeit des HEKS (Hilfswerk der Evangelischen Kirche Schweiz) in der Ukraine und die Friedensförderung weltweit: «Wir können in diesem Land und in den Nachbarstaaten auch darum aktiv sein, weil wir auf Netzwerke zurückgreifen können. Weil uns die Zusammenarbeit mit den Kirchen und deren Mitgliedern sehr wichtig war und ist», so Hürzeler. Nothilfe in diesen Ländern gehört genauso dazu wie die Unterstützung mit Angeboten für diese Menschen, die jetzt bei uns leben. Hürzeler führte weiter aus: «Und ganz klar haben wir den Fokus auch weiterhin auf andere Länder und Krisen, mit inklusiven und langfristigen Friedensprozessen. Damit Konflikttransformation gelingen kann, braucht es die Stärkung der Zivilgesellschaft in allen Ländern, die an Konflikten beteiligt sind.» Hier kommen die Rollen der Kirchen zum Tragen, denn diese geniessen oft und immer noch eine hohe Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung. Mit den Kirchen zusammen wolle man wertebasiert arbeiten und über den Umgang mit Konflikten nachdenken. Und selbstverständlich sind Kirchen gefragt, wenn es um diakonische Arbeit und Mobilisierung von Freiwilligen geht.
Markus Bösch
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