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Weichenstellung für kirchliche Erprobungsräume

„Neues wagen“ will die Evangelische Landeskirche im Thurgau nicht nur in der kirchlichen Kinder und Jugendarbeit. Die Synode beauftragte den Kirchenrat die Diakoniefachstelle umzugestalten und Gründzüge für Erprobungsräume wie „fresh Expressions of Church“ vorzubereiten. Die Au-Pair Stellenvermittlung wird aufgegeben. Wegen Erhöhung des Renteneintrittsalters bei der Pensionskasse passte die Synode personalrechtliche Reglemente an.

Die Synode traf eine Weichenstellung bei den landeskirchlichen Stellen im Arbeitsfeld Diakonie. Die Au-Pair-Stellenvermittlung Westschweiz und Tessin wird mit der Pensionierung der jetzigen Stelleninhaberin Ende Mai 2020 aufgegeben. Die Wiederbesetzung der Fachstelle bei Arbeitslosigkeit erfolgt mit reduziertem Pensum von 80 auf 50 Stellenprozent. Neu soll eine 50 Prozent Stelle zur Förderung von «Erprobungsräumen» oder «fresh expressions of church» kreiert werden. Der Wunsch, Kirche und Gemeinde in neuen Strukturen zu denken und zu leben wurde an den verschiedenen Tagungen zur Kirchenentwicklung laut. Der Kirchenrat möchte mit der Umgestaltung der Diakoniestelle „zukunftsfähige Formen von Kirche ermöglichen, „die nicht auf das bestehende Territorialprinzip fixiert sind und auch nicht einseitig von den traditionellen Finanzströmen der Kirche abhängig sind.“ Christina Aus der Au, Frauenfeld, freut sich, dass der Kirchenrat mit seinem Antrag Türen öffnet: „Wir brauchen jemand, der die Nase in den Wind hält und sich mit Kirchendistanzierten an den Stammtisch setzt. Wir brauchen Mut, etwas zu bewilligen, von dem wir noch nicht wissen, wie es herauskommt.“ Der Kirchenrat wurde beauftragt ein Grobkonzept auf Basis einer 50 Prozent-Stelle dafür zu erarbeiten und der Synode bis Ende 2020 zur Abstimmung vorzulegen. Pfarrer Gottfried Spieth aus Diessenhofen stellte mit Blick auf die Ausschreibung einer „fresh expressions of church-Stelle“ den Antrag, die Gemeinden in den Ausgestaltungsprozess einzubeziehen. Hanspeter Rissi aus Kreuzlingen dagegen wollte „Mut machen zu experimentieren, statt zu reglementieren“. Der Antrag Spieth wurde mit 54 zu 34 Stimmen abgelehnt, der Antrag des Kirchenrats einstimmig angenommen.

Finanzlage trotz Plus von 200'000 Franken angespannt
Die Rechnung 2018 schliesst bei einem Aufwand von 6.43 und einem Ertrag von 6.63 Mio. Franken mit einem Ertragsüberschuss von knapp 200‘000 Franken ab. Dies ist auf höhere Steuereinnahmen und auf Minderausgaben -teils wegen Aufwandverschiebungen in die nächste Periode- zurückzuführen. Trotz des positiven Resultats bezeichnete die Geschäftsprüfungskommission der Synode GPK die Finanzlage als labil, für Stabilität seien Anstrengungen auf allen Ebenen gefordert. GPK-Präsident Pfarrer Andreas Gäumann, Steckborn, rechnete vor, dass durch die angenommene Unternehmenssteuerreform künftig 140‘ 000 bis 160‘000 Franken weniger Steuereinnahmen generiert würden und blickte in die nahe Zukunft. Er fragte: „Wie reagieren auf die angespannte Finanzlage? Steuersatz erhöhen oder Rotstift ansetzen?“ Ein Antrag von Pfarrer Markus Aeschlimann aus Frauenfeld, den Fond für kirchliche Hilfe im Inland mit 15 000 Franken aus dem Rechnungsvorschlag 2018 zu äufnen, lehnte die Synode nach eingehender Diskussion ab. Der Ertragsüberschuss in Höhe von 198'908.58 Franken wird dem Eigenkapital zugewiesen.

Festhalten am regelmässigen Sonntagsgottesdienst in jeder Gemeinde
In seiner Interpellation wollte Rolf Ziegler aus Schönholzerswilen wissen, ob der Kirchenrat eine Möglichkeit sieht, von der sonntäglichen Gottesdienstverpflichtung abzuweichen. Gerade für kleinere Kirchgemeinden sei der Grundsatz „jeden Sonntag in der eigenen Gemeinde einen Gottesdienst durchzuführen“ finanziell und personell oft schwer zu stemmen, vor allem bei Pfarrvakanzen und in der Ferienzeit. Erleichterung sähe Ziegler im gemeinsamen Gottesdiensten mit einer Nachbargemeinde. Er fragt, ob der Kirchenrat eine Möglichkeit sähe, das grundsätzliche Gebot kontrolliert zu lockern. Diesen Spielraum sieht der Kirchenrat aufgrund der geltenden Rechtsordnung nicht, wie er in seiner Interpellationsantwort festhält. In den Diskussionen zur Revision der vor fünf Jahren erlassenen Kirchenordnung sei man explizit zum Schluss gelangt, dass man -abgesehen von begründetet Ausnahmen in Einzelfällen- am Grundsatz festhalten wolle. Der Interpellant verzichtete aufgrund der deutlichen Stellungnahme auf Diskussion in der Synode, er sieht die Diskussion in der Gesprächssynode besser platziert. Der Antrag von Peter Sauder, Warth-Weiningen, jetzt zu diskutieren, wurde abgelehnt.
Bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung beschloss die Synode die Planung einer zweiten Gesprächssynode. Sie soll am 31. August 2020 in der Kartause Ittingen stattfinden und auf das Verständnis der eigenen kirchlichen Identität abzielen.

Neues wagen
Der Jahresbericht 2018 dokumentiert eindrücklich die vielfältige landeskirchliche Tätigkeit. Der Bericht wurde von mehreren Seiten gelobt und einstimmig angenommen. Die Illustration mit Bilder aus der Jugendarbeit hebt die Bedeutung der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit, auch im Hinblick auf ein künftiges Engagement in der Kirche, hervor. Besonders gelobt wurde das neue Impulsprogramm Kirche Kind Jugend, welches die verstärkte Elterneinbindung im Blick hat und die Kirchgemeinden im Sinn von Best Practice vernetzen und ermuntern will, Neues zu wagen. Synodepräsidentin Judith Hübscher hat die Haltung im Jahresbericht, dass eine weise und besonnene Fehlerkultur ist auch in der Kirche wichtig sei, damit Neues wachsen kann, besonders gefreut.

Erhöhung des Renteneintrittsalters
Weiter genehmigte die Synode den Vertrag zur gemeinsamen Trägerschaft mit der Katholischen Landeskirche beim Unternehmen ökFibu, das den Kirchgemeinden eine Software für die Finanz- und Lohnbuchhaltung zur Verfügung stellt.
Wegen Erhöhung des Renteneintrittsalters bei der Pensionskasse passte die Synode personalrechtliche Reglemente an. Zwar hatte die Synode keine Befugnis inhaltlich den Beschluss der Pensionskasse zu ändern, Diskussionen erfolgten dennoch. Als erste Pensionskasse schweizweit erhöhte die Perkos das vorsorgerechtliche Renteneintrittsalter bei einem gleichbleibenden Umwandlungssatz von 5.5%. Es steigt in den Jahren 2020 bis 2025 kontinuierlich um 7 Monate an. Harald Ratheiser vom Stiftungsrat und Arbeitnehmervertreter im Geschäftsleitenden Ausschuss der Perkos verteidigte den Beschluss: „Er gibt dem Arbeitnehmer Sicherheit über die Höhe seiner Renten. Mit dieser Lösung zur Berufsvorsorge praktizieren wir in der 2. Säule, was auch in der ersten Säule noch auf uns zukommen wird“.
 
Ersatzwahl und Rücktrittsankündigungen
Susanne Dschulnigg, Kreuzlingen, wurde als Ersatzmitglied für Monika Thomann-Hablützel, Märwil, mit 103 Stimmen in die Rekurs- und Beschwerdekommission gewählt. Dschulnigg ist mit kirchlichen Angelegenheiten vertraut, sie war Synodale und Präsidentin der Kirchenvorsteherschaft Kreuzlingen. Auf die kommende Amtsperiode haben drei Personen den Rücktritt angekündigt: Barbara Kopieczek von der Ombudsstelle, Anna Katharina Glauser von der Rekurs- und Beschwerdekommissision und Rolf Bartholdi vom Kirchenrat. Für die Nachfolge der beiden letztgenannten werden Personen mit juristischen Hintergrund gesucht.

Sorge und Gottvertrauen  
Als neue landeskirchliche Mitarbeiter wurden Pfarrer Haru Vetsch aus Frauenfeld und Pfarrer Stefan Wohnlich aus Wängi im Synodegottesdienst begrüsst.
Pfarrer Stefan Wohnlich ging im Synodegottesdienst auf die Spannung zwischen Logik und Utopie, zwischen verantwortungsvoller (Vor-)Sorge und Gottvertrauen ein. Wenn die Sorge grösser wird als das Problem, biete das Jesuswort aus Lukas 12,32 „Fürchte dich nicht, du kleine Herde…“ Ermunterung und Korrektur. Wichtig sei, sich stets neu auf dieses wohlbekannte Wort zurückzubesinnen - sowohl zur Selbstermutigung wie zur gegenseitigen Ermutigung in der Gemeinschaft - auch in der Synode.

Brunhilde Bergmann

Die Synodalen verfolgen die Ausführungen von Interpellant Rolf Ziegler.

Interpellant Rolf Ziegeler aus Schönholzerswilen wünscht keine Diskussion in der Synode über seine Interpellation: "Ich sehe in der Gesprächssynode die geeignetere Plattform dafür."

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